QMS für Unternehmen der Lebensmittelbranche: Ein „Kann“ oder „Muss“?
Viele mittelständische Betriebe der Lebensmittelbranche scheuen die Einführung eines Qualitätsmanagementsystems (QMS). Zu zeitaufwändig. Zu teuer. Zu komplex. Diese Gründe werden aus meiner langjährigen Erfahrung als Berater am häufigsten angeführt. Oft fürchten Verantwortliche der Führungsebene auch den Widerstand der Mitarbeiter. Denn die Einführung eines QMS bedeutet oftmals Veränderung von Arbeitsabläufen und liebgewonnenen Gewohnheiten, mehr Verantwortung und straffe Organisation. Ohne die Unterstützung und Mitarbeit der gesamten Belegschaft wird das QMS seine volle Wirkung jedoch nicht entfalten können. Daher lohnt es sich, externe Expertise und Erfahrung hinzuzuziehen. Oder – um es mit den Worten des Unternehmensberaters Jobst Fiedler zu sagen: „Man kann ein Auto nicht von innen anschieben.“
An einem QMS führt aus meiner Sicht ohnehin kein Weg vorbei. Denn die Lebensmittelindustrie ist strengen Vorschriften und Normen unterworfen, die von Behörden und Organisationen wie der FDA (Food and Drug Administration) in den USA oder der EU-Lebensmittelverordnung festgelegt werden. Ein QMS hilft dabei, diese Vorschriften einzuhalten, was rechtliche Konsequenzen und Reputationsverluste vermeiden kann. Das gilt umso mehr, wenn es sich um einen Fleischwarenbetrieb handelt bzw. um einen Betrieb, der mit tierischen Lebensmitteln umgeht, die eine EU-Zulassung benötigen. Dort achten die Überwachungsbehörden meist rigoros darauf, dass die Vorgaben eingehalten werden. Verstöße werden mit empfindlichen Strafen geahndet.
Bürokratie bei der Zertifizierung: Viele Probleme hausgemacht?
Ist das QMS erfolgreich eingeführt, stellt sich die Frage einer eventuellen, freiwilligen Zertifizierung. Sie dient dazu, die Übereinstimmung (Konformität) des realen QM-Systems mit den Anforderungen, die in einem Anforderungskatalog niedergelegt sind, zu überprüfen. So bedient sich auch die Lebensmittelüberwachung der wohl bekanntesten Anforderungskataloge, den DIN ISO Normen. Insbesondere dann, wenn die rechtlichen Vorgaben bestehende Sachverhalte nicht genau genug klären. In der Lebensmittelbranche ist darüber hinaus die Umsetzung des HACCP Konzeptes seit 2006 rechtlich verankert. Die darin festgelegten Kriterien dienen dazu, eine Reihe von einheitlichen Lebensmittel-, Produkt- und Service-Prozessen zu gewährleisten.
Häufig wird von Unternehmen der bürokratische Aufwand beklagt, der mit einer EU-Zulassung verbunden ist. Aus meiner Erfahrung weiß ich: Ja, eine solche Zertifizierung ist auch mit einer Vielzahl von Dokumentationen, etc. verbunden. Der Nutzen ist aber in jedem Fall größer als der Aufwand, wenn das Dokumentenmanagement schlank gehalten und die Vorgaben sich auf das Wesentliche konzentrieren, wie viele Beispiele aus meiner Arbeit als Begleiter von QMS-Zertifizierungen belegen.
Anders sieht es meiner Meinung nach mit zusätzlichen Zertifikaten aus, die sich Unternehmen der Lebensmittelbranche „notgedrungen“ aneignen. Sie versprechen ein besonderes Qualitätslevel. Solche Zertifikate werden beispielsweise von McDonald's, dem internationalen Feature Standard (IFS) dem British Retail Consortium (BRC), der Q-S GmbH, Vlog, usw. vergeben. Und obwohl viele Unternehmen den Anstieg der Bürokratisierung beklagen, gedeiht der Markt für die zusätzlichen Zertifizierungen prächtig. Diese verursachen in der Folge weitere signifikante Kosten für das intensivere Qualitätsmanagement und die jährlich stattfindenden Audits. Dabei werden diese Zertifizierungen gar nicht von den Verwaltungsbehörden und den Lebensmittelüberwachungsbehörden eingefordert. Das Problem der zusätzlichen Bürokratisierung und der damit erhöhten Kosten ist daher aus meiner Sicht hausgemacht. „Vorreiter“ sind dabei vor allem die Discounter und der LEH. Sie verlangen den Lieferanten die zusätzlichen Zertifizierungen und Anforderungen ab. Doch damit nicht genug. Auch die Betreiber dieser Zertifizierungssysteme suchen ihre Daseinsberechtigung. So gibt es nahezu jährlich neue Versionen der Anforderungskataloge, die in der Regel immer mit einem noch höheren Verwaltungsaufwand einhergehen.
Fazit:
Kein Unternehmen der Lebensmittelbranche kommt um die Einführung eines QMS herum. Die Zertifizierung/EU-Zulassung dient dabei als amtliches Siegel und bestätigt die Einhaltung der definierten Kriterien. Bei zusätzlichen Zertifizierungen sollten allerdings Kosten und Nutzen genau abgewägt werden. Um den Trend des stetig wachsenden Verwaltungsaufwandes zu brechen, ist es aus meiner Sicht notwendig, dass möglichst viele Produktionsbetriebe einen Konsens suchen, um die ständig steigenden Anforderungen durch die Zertifizierungssysteme deutlich zu verlangsamen.
Auch wenn der kontinuierliche Verbesserungsprozess (KVP) seine Berechtigung hat, so muss sich doch jedes Unternehmen die Frage stellen, ob ein stetig wachsender Verwaltungsaufwand gleichbedeutend mit der stetigen Verbesserung der Produktionsabläufe einhergeht.
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